Arbeit und Selbstverständnis als Holzgestalter

 

 

Manfred ist Holzgestalter, eine Berufsbezeichnung, die er sich selbst gegeben hat. Sie macht die Abgrenzung zur Holzverarbeitung  wie den Tischlern, Drechseln und Schnitzen deutlich und ist seiner Ansicht nach am ehesten mit der Bildhauerei  vergleichbar ( wobei in der Bildhauerei noch andere Werkstoffe, vor allem Stein verwendet werden).
Manfred fertigt aus fast 50 einheimischen Hölzern Skulpturen, Wandreliefs, Tische, Schubladenstämme, Dosen usw. Dazu verwendet er hautsächlich Alleen- und Bachlaufhölzer wie Weide, Pappel, Ulme. Platane, Essigbaum und Obstbäume. Vor allem bunte Farben, auffallende Maserung und Strukturen, die oft durch Pilze oder Fäulnis entstehen, machen das Holz für seine Objekte interessant. Er bearbeitet das Holz mit Rücksicht auf seine natürliche Form und Maserung. Ein weiteres Prinzip von ihm ist es, Bewegung in die Objekte zu bringen. Während einer Führung  durch den Laden erklärt er: 

Mein Schwerpunkt ist: Die Natur ist  Formgeber  -  wenn Sie sich umschauen, Sie       erkennen immer der Baum als Ganzes wieder   - und ich bringe eine Bewegung hinein. Bewegung ist der Schwerpunkt.  

Dadurch ist auch die Idee der Schubladen entstanden, die viele seiner Objekte haben. Andere Objekte lassen sich auseinandernehmen, verschieben oder auf verschiedene Weise neu zusammensetzen. Für seine „Verschiebungen“ sägt er Teile eines Stammes ein viele konisch zulaufende Abschnitte, die sich fächerartig auseinanderziehen lassen. Durch die so entstandene „Verschiebung“ breitet sich der Stamm in mehrere Richtungen aus, und seine ursprüngliche Gestalt verändert sich völlig. Das Objekt lässt sich so zusammenschieben, dass die Form des Stammes  wieder hergestellt ist. 

Durch die Unterschiede in Farbe, Maserung  und Wachstumsform ist jedes Stück Holz – auch derselben Sorte – ein unverwechselbares Einzelstück. Diese einzigartigen oder Individualität des Holzstückes will Manfred durch seine Bearbeitung betonen. Der Werkstoff, das Holz, ist für ihn das Maßgebende, erst daraus ergibt sich die Idee, einen bestimmten Gegenstand herzustellen. Jedes seiner Objekte ist ein Unikat. Die Beschaffenheit, die Eigenartigkeit des jeweiligen Holzstückes  bestimmen das Objekt, das Manfred aus ihm entwickelt. Man könnte sagen, er „interpretiert“ das Holz durch seine Bearbeitung. 
Manfred hat einen traditionellen Holzberuf, die Tischlerei, erlernt. Seine heutige Arbeit hat jedoch mit der eines Tischlers nur noch wenig  zu tun, wenn sie ihm auch eine Arbeitsgrundlage verschafft hat. Er benutzt dieselben Maschinen und Werkzeuge, die Bearbeitung ist trotzdem völlig anders

 
Tradition hat mein Beruf nicht, er ist also  [....] eine neue Geschichte, ein Stil, den ich  entwickelt habe   [....]. „Holzgestalter“ ist so ein Gummibandbegriff; es gibt den Drechsler, es gibt Schnitzer, Bildhauer, ja, und den Tischler, und meine Arbeit Ist aus dem Ganzen so ein bisschen heraus. 

Das, was für Manfred das Schönste und Interessanteste am Holz ist, z.b. unregelmäßig und auffällige Strukturen, Maserungen, Verknorpelungen, Faulstellen und besondere Form und Färbung, stellt für die Tischlerei meist Abfall dar, weil für Möbel, Fenster, Türen usw. gleichmäßiges Holzbenutzt wird. Manfred verwendet auch Baumpilz 
und Früchte ( Samen) für seine Arbeiten, ebenso dünne Äste  und Zweige, aus denen er Bleistifte herstellt oder sie in Scheiben schneidet, um sie als Relief wieder zusammenzusetzen (für so gearbeitete Tischplatten werden auch Holzstücke weiterverarbeitet, die als Abfall bei anderen Objekte anfallen).
  Im Gegensatz zu Tischler/innen stellt er keine primär für den Gebrauch bestimmten Gestände her, auch wenn seine Objekte meist in irgendeiner Art benutzt werden. Der künstlerische Wert steht die seinen arbeiten über dem Gebrauchswert. In bezug auf seine Schubladenstämme formuliert er dies so:  
Und aus der Bewegung ist dann die Schublade entstanden, sind die Reliefs, die Tische entstanden  [....], den Baum nehmen, und zerschneiden, so dass ich ihn auseinandernehmen  kann. Das ist so die Idee. Und das fällt unterschiedlich aus. Wie schon angesprochen: die Schublade, die nicht gemacht worden ist, damit die Frauen den Schmuck eintun, oder Gewürze, Nähzeug, Krimskrams, was ich so erlebe, was da die meisten reintun wollen, sondern
 aus den Bewegung.

Die Holzgestaltung  bedeutet für Manfred eine Erfüllung. Sie bietet ihm die Möglichkeit, seine Ideen umzusetzen, künstlerisch zu arbeiten und gleichzeitig davon zu leben. Er kann als Kunsthandwerker ohne Meistertitel eine selbständige Werkstatt führen. Für kunsthandwerkliche Arbeit wird der Handarbeitspreis und die Originalität noch eher bezahlt als z.b. für Möbel, bei denen eine große Konkurrenz durch Massenproduktion, Spannplattenbau oder Produkte in sogenannte Billiglohnländer herrscht.